Warst du verletzt, länger krank oder hattest aufgrund deines stressigen Alltags eine längere Laufpause? Der Drang direkt wieder loszulaufen, ist oft groß. Doch genau das kann zu einem schnellen Dämpfer führen, wenn dein Körper nicht auf diese Belastung vorbereitet ist. Laufen ist mehr als nur Ausdauertraining – es ist eine komplexe, koordinativ anspruchsvolle Belastung, die den gesamten Bewegungsapparat fordert.
Bei jedem Schritt wirken Stoßkräfte in Höhe des Zwei- bis Dreifachen deines Körpergewichts auf deine Strukturen – und das einbeinig, in kurzer Zeit, mit hoher Wiederholungszahl. Laufen ist nichts anderes als eine Abfolge von kontrollierten, einbeinigen Sprüngen. Dabei müssen deine Muskeln, Sehnen, Bänder und das Nervensystem präzise zusammenarbeiten, um diese Kräfte effizient abzufedern und weiterzuleiten.
Gerade nach längeren Pausen sinkt die Belastbarkeit deiner Strukturen, es fehlt dir an der nötigen muskulären Stabilität und Kraft, der neuromuskulären Kontrolle oder dem Bewegungsgefühl, das durch regelmäßiges Training aufgebaut wurde. Wer wieder einsteigen möchte, sollte sich deshalb bewusst Zeit für eine systematische Vorbereitung nehmen – mit Fokus auf Kraft, Koordination und Stabilität, Mobilität und einem schrittweisen Belastungsaufbau. So legst du die Basis für ein nachhaltiges, verletzungsfreies Laufen. Ein solides Fundament schützt dich nicht nur vor Verletzungen und Überlastungen, sondern sorgt auch für eine bessere Laufökonomie – du läufst runder, effizienter und letztlich auch mit mehr Spaß.
In den nächsten Abschnitten erfährst du, welche körperlichen Grundlagen wichtig sind, bevor du wieder mit dem Laufen beginnst – und wie du deinen Wiedereinstieg so gestaltest, dass er dich langfristig stärkt, statt dich aus zubremsen. Wir als OrthoSport Physio unterstützen dich gerne mit unseren Expert:innen beim Wiedereinstieg ins Laufen – mit individuell abgestimmter Betreuung, fundiertem Fachwissen und einem Trainingsplan, der dich Schritt für Schritt zurück zu deiner Bestleistung bringt.
Was sollte ich vor dem Wiedereinstieg ins Laufen beachten?
Dein Bewegungsapparat – also Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke – braucht nach einer Pause wieder Zeit, um sich an die typische Belastung beim Laufen zu gewöhnen. Sehnen und Bänder sind nur schwach durchblutet, was dazu führt, dass ihre Anpassung an Belastung deutlich langsamer als bei der gut durchbluteten Muskulatur passiert. Deshalb ist es hilfreich, den aktuellen Stand ehrlich einzuschätzen und einige grundlegende Voraussetzungen zu prüfen.
Bevor du wieder mit dem Laufen beginnst, solltest du sicherstellen, dass dein Körper die grundlegenden Voraussetzungen erfüllt, um die Belastung sicher zu bewältigen:
- ausreichende Kraft in der unteren Extremität und im Rumpf
- die Fähigkeit, einbeinige Sprünge kontrolliert auszuführen
- gute Koordination und Gleichgewicht
- ausreichende Beweglichkeit
Welche Phasen gibt es beim Laufen?
Beim Laufen durchläuft dein Körper in jedem Schritt mehrere, präzise aufeinander abgestimmte Bewegungsphasen. Diese sogenannten Laufphasen lassen sich grob in vier Abschnitte unterteilen:
- Aufkommen (Landung) – vordere Standbeinphase
- Standphase (Stützphase) – hintere Standbeinphase
- Abdruck – vordere Schwungbeinphase
- Flugphase – hintere Schwungbeinphase
In jeder dieser Phasen arbeiten bestimmte Muskelgruppen zusammen, um deinen Körper effizient zu stabilisieren, voranzutreiben und auf den nächsten Schritt vorzubereiten. Ein gutes Verständnis dieser Abläufe hilft dir, deine Technik zu verbessern, Überlastungen zu vermeiden und langfristig gesund zu laufen.
1. Aufkommen (Landung)
In der Phase des Aufkommens erfolgt der erste Bodenkontakt, meist mit dem Rück- oder Mittelfuß. Die Muskulatur arbeitet hier vorwiegend exzentrisch, also bremsend, um den Aufprall zu dämpfen und den Körper stabil zu halten.
primär aktive Muskeln:
2. Standphase (Stützphase)
In der Standphase liegt das gesamte Körpergewicht auf dem Standbein. Der Körperschwerpunkt bewegt sich über den Fuß, was hohe Anforderungen an Stabilität und muskuläre Koordination stellt. In dieser Phase arbeiten viele Muskeln sowohl exzentrisch als auch konzentrisch – also bremsend und aktiv kraftvoll – was die Phase biomechanisch besonders anspruchsvoll macht. In dieser Phase ist man oft am verletzungsanfälligsten.
primär aktive Muskeln:
3. Abdruck
Der Abdruck ist die Phase des aktiven Vortriebs. Hier erfolgt das kraftvolle Abstoßen vom Boden, das die Bewegung nach vorne beschleunigt. Die muskuläre Zusammenarbeit sorgt für einen effektiven, energiereichen Abdruck und ist damit zentral für die Laufökonomie.
primär aktive Muskeln:
4. Flugphase
In der Flugphase befindet sich das gesamte Körpersystem in der Luft. Das Schwungbein wird aktiv nach vorne geführt, während das andere Bein sich auf die nächste Landung vorbereitet. Diese Phase ist zwar kurz, aber entscheidend für den rhythmischen, sicheren Übergang zur nächsten Laufbewegung.
primär aktive Muskeln:
Dein Rumpf oft auch als „Core“ bezeichnet, ist beim gesamten Laufzyklus aktiv – also ständig. Er spielt eine zentrale Rolle für Stabilität, Effizienz und Sicherheit. Seine Aufgabe ist Oberkörper, Becken und Wirbelsäule stabil zu halten und Bewegungen, die beim Laufen durch die Beinbewegung entstehen, auszugleichen. Durch diese Stabilisierung wird die Kraft effizient vom Unterkörper in die Vorwärtsbewegung übertragen, ohne dass Energie durch unnötige Rotationen oder ein Einsacken des Beckens verloren geht. Deshalb spielt der Rumpf beim Laufen eine Schlüsselrolle für einen ökonomischen und effizienten Laufstil.
Warum ist ausreichend Kraft die Voraussetzung für das Laufen?
Bei jedem Schritt muss das Zwei- bis Dreifache des Körpergewichts kontrolliert, einbeinig abgefangen und kraftvoll wieder abgestoßen werden. Ohne ausreichende muskuläre Basis steigt das Risiko für Überlastung und ineffiziente Bewegungsabläufe. Gezieltes Krafttraining ist daher die Grundlage für gesundes und leistungsfähiges Laufen.
Das bringt dir gezieltes Krafttraining zusätzlich zum Laufen:
Idealerweise solltest du zweimal pro Woche gezieltes Krafttraining absolvieren, um einen wirksamen Reiz zu setzen. Konzentriere dich auf ein Gewicht, dass du für 2-3 Sätze zu je 10-15 Wiederholungen sauber, aber am Limit bewegen kannst. Wichtig ist dabei, dass du zwischen den Krafteinheiten ausreichend Erholung eingeplanst – empfohlen wird eine Pause von mindestens 48 Stunden. Das Krafttraining sollte möglichst als separate Einheit stattfinden und nicht direkt vor intensiven Laufeinheiten durchgeführt werden, um die Qualität beider Trainingsformen zu erhalten. Fokussiere dich auf funktionelle Übungen für die untere Extremität, Gesäß und Rumpf.
Beispiele hierfür sind:
Die richtige Ausführung und Technik ist beim Krafttraining entscheidend. Du kannst dir zu den angegebenen Übungen Videos auf YouTube ansehen, aber bitte bedenke: Bewegungsabläufe sind sehr individuell und die Übungen sollten an dich und deine Gegebenheiten angepasst werden. Deshalb macht es absolut Sinn, zu Beginn in 2–3 betreute Einheiten zu investieren.
Wenn du im Hypertrophiebereich bereits gute Fortschritte erzielt hast, macht es Sinn im Anschluss einen Trainingsblock mit Fokus auf Maximalkraft einzubauen.
Dabei arbeitest du mit sehr hohen Gewichten und einer geringen Wiederholungszahl – typischerweise 3 bis 6 Wiederholungen pro Satz bei 85–95 % deiner maximalen Leistungsfähigkeit (1RM). Ziel dieses Trainings ist die Verbesserung der neuromuskulären Ansteuerung und der Fähigkeit, große Kräfte effizient und kontrolliert zu erzeugen.
Da das Laufen wie schon Anfangs erwähnt ein Aneinanderreihen von einbeinigen Sprüngen ist, ist es wichtig, diese erlangte Kraft dann in der Laufbewegung umsetzen zu können. Hierfür bietet es sich an die Kraftübungen explosiver zu gestalten, gezielt eine Variation aus einbeinigen Sprüngen zu üben und ein Lauf ABC einzubauen. Diese Bewegungsmuster ähneln stark der echten Laufbewegung, fördern die neuromuskuläre Ansteuerung, verbessern das Bewegungs-Timing und Kraftentfaltung und bringen deine Muskulatur in die richtige Arbeitsrichtung.
Durch diese Verbindung von Kraft & Dynamik lernst du, die erworbene Kraft in der richtigen Bewegungsgeschwindigkeit, Richtung und Koordination einzusetzen – genau wie du es im Laufen brauchst. Das erhöht nicht nur deine Effizienz, sondern reduziert auch das Verletzungsrisiko deutlich, weil dein Körper besser auf Belastungen vorbereitet ist.
Wie wichtig ist die Beweglichkeit beim Laufen?
Beweglichkeit ist eine wertvolle Basis für flüssiges und effizientes Laufen. Sie ist kein Gegenspieler zur Kraft – sondern eine Voraussetzung, damit du die Kraft in voller Bewegung umsetzen kannst. Für Läufer:innen ist sie besonders in Hüften, Sprunggelenk, Waden und Oberschenkel Rückseite wichtig, um Verletzungen zu vermeiden und flüssig, effizient und ökonomisch zu laufen. Hast du eine eingeschränkte Beweglichkeit, kommt es zu Kompensationsmechanismen wie z.B. einer vermehrten Kippung des Beckens, Ausweichbewegungen im Knie oder Rücken oder einem frühzeitigen Fersenaufsatz und „Bremsbewegungen“.
Gezielte Beweglichkeitsübungen unterstützen somit:
Welche Rolle spielen die Laufschuhe (beim Wiedereinstieg)?
Auch deine besten Laufschuhe verändern sich mit der Zeit – selbst wenn sie anfangs perfekt zu dir gepasst haben. Die Dämpfung und Stabilität des Materials bauen schleichend ab, häufig ohne dass du es von außen sehen kannst. Im Durchschnitt solltest du deine Laufschuhe nach etwa 600 bis 800 Kilometern austauschen.
Läufst du mit abgenutzten Schuhen, verändert sich die Belastungsverteilung in deinem Körper. Das kann zu muskulären Dysbalancen und Überlastungsbeschwerden führen – etwa an Knie, Achillessehne oder im Schienbeinbereich. Auch wenn ein Schuh grundsätzlich neu ist, aber nicht zu deinem Fuß oder Laufstil passt, kann er Beschwerden verursachen.
Wenn du unsicher bist, welches Modell zu dir passt, lohnt sich eine fachliche Beratung, idealerweise in Verbindung mit einer Laufanalyse. So findest du einen Schuh, der optimal auf deine aktuellen Bedürfnisse abgestimmt ist und dich optimal unterstützt.
Wie beginne ich wieder zu Laufen?
Ein gut strukturierter Wiedereinstieg ins Lauftraining beginnt nicht direkt mit einem Dauerlauf. Gerade nach längeren Pausen oder nach Verletzungen ist es wichtig, den Körper behutsam wieder an regelmäßige Belastungen zu gewöhnen.
Warm up
Ein effektives Aufwärmen vor jedem Laufen bereitet das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur und die Gelenke auf die bevorstehende Belastung vor. Ein gründliches Warm-up erhöht die Körpertemperatur, verbessert die Durchblutung und steigert die Sauerstoffversorgung der Muskeln. Zudem wird das Nervensystem aktiviert, was zu einer besseren Koordination und schnelleren Reaktionsfähigkeit führt.
Baue dynamische Mobilisationen ein, fokussiere dich auf die Aktivierung va. der Gesäß- und Rumpfmuskulatur und führe ein kurzes Lauf ABC inkl. einbeiniger Sprungvarianten durch. So stellst du sicher, dass dein Körper durch das Warm-up ideal für das Laufen vorbereitet ist.
1. Starte mit einem konservativen Intervalltraining (Walk – Run Programm)
Hierbei wechseln sich Lauf- und Gehphasen innerhalb einer Trainingseinheit ab. Diese Methode erlaubt es dem Körper, sich an die erhöhte Belastung des Laufens zu gewöhnen, während die Gehpausen die Regeneration innerhalb der Einheit fördern.
Es macht Sinn das Lauftempo auch bereits am Anfang etwas zügiger zu wählen. Aus biomechanischer Sicht ist es effizienter und schonender für den Bewegungsapparat, denn es verkürzt die Bodenkontaktzeit, reduziert die Stoßbelastung auf Gelenke und aktiviert die körpereigenen „Stoßdämpfer“ wie Sehnen und Muskulatur optimal. Zu langsames Laufen führt häufig zu einer verstärkten vertikalen Bewegung (Hoch-Tief-Bewegung), was ineffizient ist und die Stoßbelastung pro Schritt erhöhen kann. Durch die reduzierte Schrittlänge und geringere Dynamik fehlen oft die elastischen Rückfederungsmechanismen, wodurch der Körper weniger Vortrieb erzeugt und stattdessen stärker auf- und abwärts arbeitet. Das kann nicht nur die Gelenke stärker belasten, sondern auch den Energieverbrauch erhöhen.
Empfehlung für die ersten Einheiten:
Achte auf deine Körpersignale während und nach dem Training. Wenn du dich wohlfühlst, keine Schmerzen oder ungewöhnliche Ermüdung verspürst (weder direkt nach dem Training noch am nächsten Tag), kannst du nach etwa 2–3 beschwerdefreien Einheiten den nächsten Schritt gehen.
2. Verlängere die Laufzeit & verkürze dann die Pausenzeiten
Wenn dein Körper sich an die Belastung gewöhnt hat, kannst du den Fokus langsam in Richtung längerer Laufabschnitte verschieben. Fühlst du dich hierbei gut kannst du nun die Gehzeiten verkürzen. So näherst du dich allmählich einem kontinuierlichen Lauf. Achte weiterhin auf die Signale deines Körpers.
Empfehlung für diese Einheiten:
Steigere dich hier über 2 bis 3 Wochen zu je zwei Einheiten pro Woche. Funktioniert dies gut, bist du wieder bereit für kürzere Dauerläufe.
3. Integriere wieder Dauerläufe
Starte mit Dauerläufen von 15 bis 20 Minuten. Wenn du dich dabei wohlfühlst und keine Beschwerden auftreten, kannst du die Dauer alle paar Läufe um 3 - 5 Minuten steigern.
Fazit – So gelingt dir ein nachhaltiger Wiedereinstieg ins Laufen
Ein Wiedereinstieg ins Lauftraining erfordert mehr als Motivation – er braucht ein klares Verständnis für deinen Körper, seine aktuelle Belastbarkeit und die nötigen Vorbereitungen. Mit gezieltem Krafttraining, ausreichender Beweglichkeit, passendem Schuhwerk und einem strukturierten Belastungsaufbau schaffst du die Grundlage für einen gesunden, verletzungsfreien Start. Du förderst nicht nur deine Laufökonomie, sondern entwickelst auch eine stabile, dynamische Bewegungsqualität, die dich langfristig leistungsfähig hält.
Höre auf deinen Körper, steigere dich langsam und realistisch und gib deinen Strukturen Zeit, sich wieder an die Belastung zu gewöhnen. Gönn dir Ruhepausen, bleib geduldig und feiere jeden kleinen Fortschritt. So wirst du nicht nur sicher, sondern auch mit Freude zurück ins Laufen finden – Schritt für Schritt.
Du wünschst dir einen individuellen Wiedereinstiegsplan oder suchst gezielte Übungen für Kraft, Beweglichkeit oder plyometrisches Training? Dann melde dich gern – wir begleiten dich Schritt für Schritt auf deinem Weg zurück in ein sicheres und beschwerdefreies Laufen.